Ist Low-Tech in Sachen Hochenergieeffizienz die Lösung? Steckt in einem handelsüblichen Kühlschrank die komplette Haustechnik von morgen? Zwei Fragen, die am 28. Juni 2018 rund 100 Ingenieurinnen und Ingenieure im LVR-Industriemuseum in der Zinkfabrik Altenberg zusammenbrachten. Gemeinsam eingeladen hatten die EnergieAgentur.NRW und die Ingenieurkammer-Bau NRW zu den diesjährigen "Ingenieurimpulsen 2018".
Viel hilft viel - das war in den letzten Jahren oft das Mantra beim Einsatz moderner Technik im Bau. Doch der Einsatz von High-Tech in der Gebäudetechnik verursacht nicht zwangsläufig Effizienz, sondern manchmal auch genau das Gegenteil - einen unnötig hohen Energieverbrauch und steigende Kosten. Dem entgegen steht Low-Tech: Ziel ist eine hohe Energieeffizienz sowie viel Komfort - durch nachhaltige Entwürfe und den Einsatz von weniger und robuster Technik. Denn auch mit wenigem technischem Aufwand lässt sich Energieeffizienz verwirklichen, wenn Baustoffe und Gebäudekonzept mit Bedacht entwickelt werden.
In der Podiumsdiskussion berichtete Architekt Van Bo Le-Mentzel aus Berlin von der Entwicklung der sogenannten "100-Euro-Wohnung", die für einhundert Euro Miete ein Einzimmerapartment mit 6,4 Quadratmetern Grundfläche und einer Deckenhöhe von 3,60 Meter bietet. "Wir wollen bezahlbaren Wohnraum schaffen", so Le-Mentzel in Oberhausen. Auch Klaus Michael vom Niedrig-Energie-Institut aus Detmold plädierte für kompaktes Bauen und die Bescheidenheit, mit wenig Fläche auszukommen. Für ihn sind Ziegel und Holzbalken die Inbegriffe nachhaltigen Bauens. Seine Vorschläge in Sachen Low-Tech: Wie wäre es, einen handelsüblichen Kühlschrank auszuschlachten und einzelne Komponenten in heimischer Umgebung zweckentfremdet als Low-Tech einzusetzen? So ließen sich mit vergleichsweise wenig Aufwand hohe Kosten für die Haustechnik einsparen. Oder wie wäre es, Fassaden von Wohngebäuden mit erdwarmer Sole zu beschicken und damit den Energieverbrauch deutlich zu senken?
Ingenieur Patrick Jung überraschte und brachte eine Jalousie mit beweglichen Lamellen mit. Sie halten nicht nur die Wärme aus dem Gebäude, sondern einige wenige Lamellen lassen das Sonnenlicht durch und lenken es an die Decke des dahinterliegenden Raumes. So könne bei richtigem Einsatz auf künstliches Licht und eine Klimaanlage verzichtet werden und sei quasi "Sonnenschutz to Go". Er verwies darauf, dass Low-Tech keinesfalls Low-Intelligence bedeuten dürfe. Er sprach sich dafür aus, Alt und Neu klug zu kombinieren: Er beschrieb den Bau eines Archivs, das sich an traditionellen Bauweisen mit schmalen Fenstern, dicken Ziegelmauern und speziellem Putz orientiere. Der Mehrwert entstehe durch die Kombination von altem bauphysikalischem Wissen mit neuer Technik, die etwa für eine optimale Belüftung über die gezielte Öffnung der Fenster sorge. Low-Tech sei definitiv kein neues Phänomen, sagte Thomas Rühle vom Ökozentrum NRW. Er hatte ein Buch dabei, das schon vor über zwanzig Jahren mit dem Begriff "Low-Tech" um Leser warb.
Abschließend fragte Moderator Ralph Erdenberger in die Runde, was die Umsetzung der vielen guten Ideen konkret behindere. Die Experten verwiesen zunächst auf die wirtschaftliche Komponente. Patrick Jung plädierte trotzdem für einen bewussten Sinneswandel: "Wir müssen anfangen parallel zu denken, die Entwicklung zu immer komplizierteren Systemen führt auch zu immer mehr neuen Problemen." Thomas Rühle ergänzte, dass jeder Einzelne auch eigene Ansprüche hinterfragen müsse, etwa was die Wohnfläche betreffe. Diese Forderung unterstützte auch Patrick Jung: Einfaches müsse in unserer Wahrnehmung attraktiver werden. Dabei gehe es um die Erkenntnis, dass "weniger oftmals mehr sei". Zu einem solchen Meinungsumschwung könnten Ingenieurinnen und Ingenieure mit ihrer Arbeit bewusst beitragen.
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