16.04.2024

Ingenieurbüros als attraktive Arbeitgeber

Ingenieurbüros als attraktive Arbeitgeber

In der heutigen Arbeitswelt stehen Ingenieurbüros vor der Herausforderung, fachlich herausragende Talente zu finden und möglichst langfristig zu binden. Im Gespräch mit Lale Küçük, Architektin und Fachfrau für Kommunikation und Coaching, tauchen wir in die Welt des Employer Brandings ein und erkunden Strategien für unterschiedliche Generationen und Zielgruppen.

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Die Termine:

24.04.2024 - zur Anmeldung

19.09.2024 - zur Anmeldung

IK-Bau NRW: Wie ist Ihr Zugang zum Thema Employer Branding gekommen?

Lale Küçük: Ich habe über 20 Jahre für die EnergieAgentur.NRW gearbeitet und im Auftrag des Landes Energie- und Klimaschutzthemen bearbeitet. Dann gab es eine Umstrukturierung und es ist eine neue Gesellschaft gegründet worden, der sich viele meiner Kolleginnen und Kollegen angeschlossen haben. Ich habe für mich entschieden, eine andere Perspektive einzunehmen. In meinem Arbeitsleben habe ich immer wieder festgestellt, dass gute Kommunikation eine wichtige Stellschraube ist. Diese Einsicht war meine Motivation, einen neuen Weg zu gehen. Ich habe eine Weiterbildung zur systemischen Coach und zur Trainerin in der Erwachsenenbildung gemacht und dann begonnen, mit dem Schwerpunkt Kommunikation zu arbeiten. Ob wir uns an unserem Arbeitsplatz wohlfühlen, ist oft eine Frage der Kommunikation und damit eine wichtige Frage des Employer Brandings.

IK-Bau NRW: Sind Ingenieurbüros attraktive Arbeitgeber?

Lale Küçük: Natürlich sind sie das. Aber das ist nur meine persönliche Meinung und die spielt an dieser Stelle keine große Rolle. Wenn wir uns anschauen, was bedeutet Attraktivität von Arbeitgebern, dann müssen wir zwei Seiten betrachten. Die eine Seite ist, ziehen die Büros neue Mitarbeitende an und auf der anderen Seite, halten sie diese Leute dann auch im Unternehmen? Es gibt sehr unterschiedliche Faktoren, die hier relevant sind. Zunächst die angebotenen Geld- und Zusatzleistungen, das Arbeitsklima, Aufstiegschancen und Hierarchiestrukturen. Dies alles sind Werte, die ich beachten muss, wenn ich mir über die Attraktivität von Arbeitgebern Gedanken mache.

IK-Bau NRW: Welche unterschiedlichen Ansprüche und Anforderungen an einen Arbeitgeber stellen unterschiedliche Generationen von den Babyboomern bis hin zur Gen Z? Mit anderen Worten: Erfordern verschiedene Zielgruppe unterschiedliche Ansprachen?

Lale Küçük: Ein Großteil der Babyboomer, das heißt der Generation, der bis 1964 Geborenen, wird in den nächsten Jahren das Rentenalter erreichen. Deshalb wird diese Generation auf dem Arbeitsmarkt gar nicht mehr so stark angesprochen werden. Die Babyboomer haben ein anderes Lebensmotto als die jungen Generationen. Da steht ganz oben „leben, um zu arbeiten“, und das hat sich mit der nächsten Generation, der Generation X, bereits verändert. Da lautet das Motto schon eher „arbeiten, um zu leben“. Das hat sich bis zur Gen Z nochmals gewandelt. Das bedeutet, dass wir die Generationen unterschiedlich ansprechen müssen. Am Ende muss man die Sprache derer sprechen und verstehen, die man für sein Unternehmen gewinnen will.

IK-Bau NRW: Was ist der Generation besonders wichtig, die jetzt von den Universitäten kommt? Auch vor dem Hintergrund, dass die Bereitschaft dieser Generation, den Arbeitsplatz zu wechseln, weitaus größer ist als bei den vorhergehenden Altersstufen.

Lale Küçük: Ja, die Bereitschaft, den Arbeitsplatz zu wechseln, ist wesentlich höher. Das liegt daran, dass diese Generation sich nicht mehr über ihre Arbeit definiert. Viel bedeutender ist hier das Thema Work-Life-Balance, also die Möglichkeit, Privatleben und Arbeit miteinander in Einklang zu bringen. Gleichzeitig möchte diese Generation Arbeitsleben und Privatleben klar trennen. Für die Babyboomer bedeutet Arbeit zugleich Status. Gespräche mit Angehörigen dieser Generation führen schnell zu der Frage, was man beruflich macht. Diese Frage spielt bei der jüngsten Generation, die jetzt in den Arbeitsmarkt strebt, keine Rolle mehr. Dazu kommt, diese Generation ist vollständig digital sozialisiert. Das Smartphone ist immer dabei, man ist immer online. Würde man als Büro beispielsweise die Handys am Arbeitsplatz untersagen, dann verliert man diese Generation.

IK-Bau NRW: Sie sagten gerade, die junge Generation ist mit der Digitalisierung, ist mit mobilen Endgeräten aufgewachsen. Was bedeutet das im Umkehrschluss für kleinere Ingenieurbüros?

Lale Küçük: Also ich denke, die Sichtbarkeit nimmt massiv ab, wenn ich eine veraltete Website habe und mein Büro im digitalen Raum nicht ordentlich darstelle. Dann falle ich aus dem Raster.

IK-Bau NRW: Besitzen größere Ingenieurbüros womöglich mit eigener Human Resources-Abteilung einen strukturellen Vorteil gegenüber kleineren Büros? Wie können kleinere Büros in diesem Wettbewerb um die besten Köpfe bestehen?

Lale Küçük: Kleinere Büros haben auch Vorteile gegenüber großen. Sie haben einen individuelleren Blick auf ihre Mitarbeitenden und können individueller auf diese eingehen. Wenn ich in einem kleinen Büro arbeite, bin ich nicht auf eine Aufgabe beschränkt, sondern ich muss mich mit einer Vielzahl von Aufgaben auseinandersetzen. Ich erhalte Einblicke in alle Bereiche und ich kann mehr Verantwortung übernehmen. Durch flache Hierarchien in den kleinen Büros gibt es einen engen Draht zum Büroleiter bzw. zur Inhaberin oder zum Inhaber. Ich bin viel schneller in Absprachen, ich muss keine komplizierten Wege einhalten und natürlich kommt auch die Individualität der Mitarbeitenden viel klarer zum Vorschein. Also das sind in meinen Augen Aspekte, bei denen die kleinen sich gegenüber den großen Büros durchaus behaupten können. Aber wir müssen auch auf das Thema Außenkommunikation achten. Wenn ich als einziges digitales Kommunikationsmittel eine veraltete Website habe, dann ist das nicht mehr zeitgemäß. Wenn ich neue Mitarbeitende für mich gewinnen möchte, muss ich mich auf der Höhe der Zeit bewegen und da gibt es viele Möglichkeiten, die die Kleinen genauso nutzen können wie die Großen. Da wären zum Beispiel flexible Arbeitszeitmodelle, denn das klassische „Nine to Five“ ist heute nicht mehr der Standard. Auch die tägliche Anwesenheitspflicht ist seit der Coronapandemie nicht mehr der Standard, mobiles Arbeiten und Homeoffice-Regelungen bieten hier viele Möglichkeiten.

IK-Bau NRW: Welche Rolle spielen Gehalt und Zusatzleistungen, um Talente anzuziehen und das Engagement der Mitarbeiter zu erhöhen?

Lale Küçük: Natürlich ist die Bezahlung wichtig, die muss fair sein. Aber viele verzichten für bestimmte Benefits auf das ganz hohe Gehalt. Wenn der Rest aber stimmt und Aspekte wie Familienfreundlichkeit, Gesundheitsförderung oder die persönliche Weiterentwicklung und -bildung berücksichtigt werden.

IK-Bau NRW: Wie können Ingenieurbüros sicherstellen, dass ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter langfristig motiviert und engagiert bleiben, auch in einem wettbewerbsintensiven Marktumfeld?

Lale Küçük: Hier kommen viele Aspekte zusammen. Eine gute Kommunikation ist wichtig, natürlich sollte man auch ansprechende Aufgaben haben. Lob und Anerkennung spielen eine große Rolle. Wenn ich meine Arbeit gut mache, möchte ich, dass das gesehen wird und dass diese Anerkennung ausgesprochen wird. Auch Verantwortung und Vertrauen besitzen eine große Bedeutung. Und schließlich sollte das Unternehmen definieren, wofür es steht, und sollte diese Philosophie dann auch leben. Nur dann haben die Mitarbeitenden auch die Möglichkeit, sich damit zu identifizieren.

IK-Bau NRW: Welche Rolle spielt es für das Employer Branding, dass die umworbenen Fachkräfte eine zunehmend diversere und heterogene Gruppe bilden, d. h. sich hoffentlich immer mehr Ingenieurinnen bewerben und die Zahl der Studierenden und Absolventen und Absolventinnen mit Einwanderungsgeschichte steigt?

Lale Küçük: Auch das ist wieder eine Frage der Kommunikation. Das Bemühen um mehr Ingenieurinnen wird womöglich scheitern, wenn auf der Website nur ältere Herren zu sehen sind. Wenn ich mir für mein Büro mehr Diversität wünsche, dann muss auch sichtbar werden, dass dies gelebt wird. Gerade im Hinblick auf Bewerber mit Einwanderungsgeschichte sollten Büros auch ihre Bewerbungsanforderungen überdenken. Ist es notwendig, dass ich immer alle Zeugnisse von der Grundschule bis zum Studienabschluss einfordere?

IK-Bau NRW: Wo sehen Sie kommende Trends im Employer Branding? Wie werden Ingenieurbüros um die kommende Generation Alpha der ab 2010 Geborenen werben?

Lale Küçük: Es wird immer wichtiger werden, mit kurzen und prägnanten Botschaften zu arbeiten und maximal effektiv zu kommunizieren. Visuell interaktive Inhalte sind gefragt und die Kanäle werden andere sein. Mit einer Zeitungsanzeige komme ich dann nicht mehr weiter, brauche vielmehr eine durchgängig starke Präsenz in den sozialen Medien. Individuellen Bedürfnisse müssen wohl noch stärker berücksichtigt werden als heute.

Das Interview führte Dr. Bastian Peiffer, Pressesprecher der IK-Bau NRW.

Lale Küçük

Lale Küçük hat Architektur und Wirtschaftsingenieurwesen studiert und ist seit 2004 Mitglied der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen. Sie hat mehr als 20 Jahre im Auftrag des Landes NRW als Senior Consultant im Bereich „Energieeffiziente Gebäude und Quartiere“ für die EnergieAgentur.NRW gearbeitet, die vom Wirtschaftsministerium des Landes NRW getragen wurde.

Lale Küçük ist ausgebildete systemische Coach und vom TÜV-Rheinland zertifizierte Trainerin in der Erwachsenenbildung sowie Ausbilderin IHK.

In dieser Funktion arbeitet sie seit 2022 mit den Schwerpunkten Kommunikation, Arbeitsmethoden sowie Persönlichkeits- und Teamentwicklung mit Unternehmen, Kommunen und Verbänden.